Assistenzsysteme in der Pflege

Dominik Fuchs and Lisa Daufratshofer M. A./ Januar 25, 2023/ Angehörige, Beruflich Pflegende, Pflegestudierende/ 0Kommentare

Was sind Assistenzsysteme?

  • Assistenzsysteme sind Technologien, die Pflegebedürftigen und Pflegenden in ihrem Alltag Hilfe bieten können. 
  • ‚Assistenz‘ (auch: ‚assistiv‘) deutet auf eine Unterstützungsfunktion hin, wobei es im Kontext der Pflege meist um die Unterstützung der Pflegebedürftigen geht. 
  • Assistenztechnologien sind meist präventiv ausgerichtet und können bestimmte Schwächen kompensieren. 
  • Sie sind nutzerorientiert und daher auch oft individualisierbar, das heißt, auf pflegebedürftige Personen und deren jeweilige Situation abgestimmt. 
  • Der Aufwand für Pflegende oder Betreuende soll mit diesen Systemen verringert und eine Einweisung Betroffener in eine Pflegeeinrichtung verzögert oder verhindert werden.

Wie können Assistenzsysteme in der Pflege eingesetzt werden?

Assistenzsysteme können in der Pflege auf verschiedene Weise eingesetzt werden, um Pflegebedürftigen und Pflegenden in ihrem Alltag Unterstützung und Hilfe zu bieten. 

Beispielsweise gibt es: 

  • Alarmsysteme, die bei einem Sturz oder einem Notfall aktiviert werden und Hilfe rufen, beispielsweise sensorische Raumüberwachung, ein intelligenter Fußboden oder tragbare Sensoren 
  • Systeme zur Überwachung von Aktivitäts- und Verhaltensmustern, die Pflegende dabei unterstützen, Veränderungen im Gesundheitszustand oder im Bedarf an Pflege frühzeitig zu erkennen.
  • Technologien, die dazu beitragen, die Mobilität und Unabhängigkeit von Pflegebedürftigen zu erhalten oder zu verbessern.
  • Systeme zur Erfassung von Vitalparametern, Schmerzen und Wunden
  • Systeme zur Unterstützung der Tagesstrukturierung und Sturzvermeidung (z.B. Lichtsysteme) 

Welche Vorteile bieten Assistenzsysteme in der Pflege?

Assistenzsystemen kann vor dem Hintergrund des Pflegenotstandes und einer steigenden Anzahl von Seniorinnen und Senioren sowie Einpersonenhaushalten eine bedeutende Rolle zukommen. 

  • Assistenzsysteme können zu einem sicheren alternsgerechten Wohnumfeld und einem längeren Verbleib im eigenen Zuhause befähigen. 
  • Sie können zur Teilhabesicherung beitragen.
  • Sie können zu mehr Lebensqualität beeinträchtigter Personen und deren Angehörigen führen.
  • Die mit Hilfe assistiver Systeme gewonnene Sicherheit kann dazu beitragen, die Angst vor Stürzen (und vor Sturzfolgen) zu minimieren und auf diesem Wege zur Reduktion von Sturzereignissen beitragen. 
  • Eine hierdurch gesteigerte Mobilität kann sich dann wiederum auf andere pflegerische Bereiche positiv auswirken (z. B. Stärkung der Muskulatur, Anregung des Herz-Kreislauf-Systems etc.). 

Gemäß des Grundsatzes „Prävention vor Rehabilitation und Pflege“ könnten technische Hilfen frühzeitig, oft bereits schon zu Beginn der Pflegebedürftigkeit eingesetzt werden, um diese zu verhindern oder zu verzögern(Bundesministerium für Gesundheit 2013).

Warum werden diese Systeme nicht häufiger genutzt?

  • Kosten: Assistenztechnologien können teuer sein und müssen regelmäßig gewartet werden. Das kann für manche Pflegebedürftige oder Pflegende eine finanzielle Belastung darstellen.
  • Privatsphäre: Die Nutzung von Assistenztechnologien, die die Aktivitäten und Verhaltensmuster von Pflegebedürftigen aufzeichnen, kann als Eingriff in die Privatsphäre empfunden werden.
  • Sicherheit: Es gibt die Befürchtung, dass die persönliche Sicherheit bei Ausfall der Technik beeinträchtigt sein könnte.
  • Mangelnde Akzeptanz: Es gibt aktuell noch Vorbehalte gegenüber Assistenztechnologien durch Pflegebedürftige oder Pflegende. Ein Grund dafür ist die Ansicht, dass die menschliche Zuwendung verloren gehen könnte.
  • Handhabung: Oft fehlen Kenntnisse beim Umgang mit digitalen Assistenzsystemen und es wird befürchtet, dass es zu Problemen bei der Handhabung kommen könnte.

Ausblick

  • Zukunftsszenarium ist die intelligente Vernetzung verschiedener Assistenzsysteme untereinander, sodass ein größeres und flexibleres Handlungsfeld durch die Unterstützung abgedeckt werden kann. 
  • Wegen der sensiblen Situation in Pflege bedarf es einer ethischen Bewertung und einer stärkeren Einbeziehung aller Betroffenen in die Entwicklung.
  • Häufig wird nachgelegt, Bewertungen bestehender Technologien hinsichtlich Akzeptanz, Effektivität und Effizienz in realen Umgebungen und praxisnahen Anwendungsbereichen durchzuführen.

Literatur

GKV-Spitzenverband (2019): Digitalisierung und Pflegebedürftigkeit. Nutzen und Potenziale von Assistenztechnologien. Hürth: CW Haarfeld GmbH (Modellprogramm zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung, 15).

Mähs, Mareike (2021): Anforderungen an die Evaluation von altersgerechten Assistenztechnologien aus gesundheitsökonomischer Sicht. In: Debora Frommeld, Ulrike Scorna, Sonja Haug und Karsten Weber (Hg.): Gute Technik für ein gutes Leben im Alter?: transcript Verlag, S. 317–340.

Scorna, Ulrike; Frommeld, Deborah; Haug, Sonja; Weber, Karsten (2021): Digitale Technik in der Pflege als Generallösung? Neue Perspektiven auf altersgerechte Assistenzsysteme. In: Carolin Freier, Joachim König, Arne Manzeschke und Barbara Städtler-Mach (Hg.): Gegenwart und Zukunft sozialer Dienstleistungsarbeit. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden (Perspektiven Sozialwirtschaft und Sozialmanagement), S. 301–314.

Disselhorst-Klug, Catherine (2021): Robotische Unterstützung in Therapie und Pflege. In: Gernot Marx, Rolf Rossaint und Nikolaus Marx (Hg.): Telemedizin: Grundlagen und praktische Anwendung in stationären und ambulanten Einrichtungen. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, S. 467–476.

Lutze, Maxie; Trauzettel, Franziska; Busch-Heizmann, Anne; Bovenschulte, Marc (2021): Potenziale einer Pflege 4.0.

Bundesministerium für Gesundheit (Hg.) (2013): Unterstützung Pflegebedürftiger durch technische Assistenzsysteme. Unter Mitarbeit von Christiane Weiß, Maxie Lutze, Diego Compagna, Grit Braeseke und Meiko Merda Richter.

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Dominik Fuchs
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hochschule Kempten

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