Musik in Therapie und Pflege

Dominik Fuchs and Lisa Daufratshofer M. A./ Januar 25, 2023/ Angehörige, Beruflich Pflegende, Pflegestudierende/ 0Kommentare

Was kann Musik bewirken?

  • Musikwirkungen sind aus dem Alltag bekannt. Wir hören Musik zur Entspannung oder Motivation, bei feierlichen Anlässen oder zur Einkehr.
  • Musik kann Erinnerungen sowohl an positiv als auch an negativ gefärbte Erfahrungen hervorrufen und dementsprechende Emotionen auslösen.
  • Musizieren ist einer der stärksten Anreize für Neuroplastizität. Neuroplastizität bezeichnet die lebenslange Fähigkeit des Gehirns, sich zu verändern: Nervenzellen (Neuronen) können neue Verbindungen eingehen und alte auflösen.
  • Wie stark und in welche Richtung sich die Wirkung entfaltet, hängt davon ab, wie der Hörer die Musik beurteilt – was wiederum stark mit vergangenen Erfahrungen zusammenhängt

Was ist Musiktherapie

  • Häufig wird der Begriff Musiktherapie benutzt, um jegliche Verwendung von Musik im Rahmen von Therapie und Pflege zu bezeichnen. Nicht jede Darbietung von Musik ist aber auch Musiktherapie im engeren Sinne.
  • Musiktherapie ist laut Definition der gezielte Einsatz von Musik im Rahmen der therapeutischen Beziehung zur Wiederherstellung, Erhaltung und Förderung seelischer, körperlicher und geistiger Gesundheit
  • Dennoch kann Musik selbstverständlich auch von Angehörigen oder Pflegern mit marginaler oder gar keiner einschlägigen Ausbildung genutzt werden. In diesen Fällen wären aber Bezeichnungen wie „musikgestützte Therapie“, „musiktherapeutische Pflege“ (siehe unten), oder schlicht „Einsatz von Musik“ besser geeignet.

Aktive Anwendungen

  • In der aktiven Musiktherapie wird mit leicht zu spielenden Instrumenten (z. B. Rasseln, Trommeln, Schlaginstrumente) oder der Stimme allein oder gemeinsam musiziert. Die Teilnehmer müssen über keine instrumentalen Vorkenntnisse verfügen.
  • Diese Form ist der Musiktherapie findet vorwiegend in Gruppen statt und beinhaltet meist ein Nachgespräch über Selbst- und Fremderleben.
  • Ziele sind hierbei unter anderem die Schulung der Wahrnehmung, die Verbesserung des Wohlbefindens, die Verbesserung der Motorik und Bewegung, die Verbesserung von sozialen Fähigkeiten oder die Begleitung eines Sterbeprozesses.
  • Eine Sonderstellung im geriatrischen Kontext hat das Singen vertrauter Lieder. Denn gerade ältere Generationen sind mit Singen sozialisiert worden. Lieder und Texte aus der Jugendzeit, die zu verschiedenen Anlässen gesungen wurden, können selbst bei einer vorliegenden Demenz häufig noch erkannt und gesunden werden. Erinnerungen und Emotionen können wachgerufen und (wieder-)erlebt werden. Wenn die Lebenssituation durch zunehmende altersbedingte Einschränkungen und Erkrankungen belastet wird, kann gemeinsames Singen eine wichtige Ressource darstellen, die kognitive, respiratorische und emotional-affektive Fähigkeiten der Klienten anspricht.

Rezeptive Anwendungen

  • In der rezeptiven Musiktherapie steht das patientenseitige Hören bestimmter Musik im Vordergrund. Die Musik kommt dabei entweder von einem digitalen Tonträger, oder sie wird auf speziellen Instrumenten vorgespielt, wie z. B. Trommeln, Saiteninstrumenten oder Klangschalen.
  • Ziele sind hierbei unter anderem eine Anregung des Gedächtnisses, die Unterstützung der Selbstregulierung (körperliche und angstinduzierte Verspannungen verringern), eine Aufmerksamkeitssteigerung oder -verlagerung, eine Verbesserung des Wohlbefindens oder Biographiearbeit.
  • Eine zunehmende Bedeutung erfährt der Einsatz von technologischen Hilfsmitteln in der Musiktherapie. Diese können sowohl für die rezeptive als auch für die aktive Anwendung das musiktherapeutische Repertoire erweitern.

Musiktherapeutische Pflege

Selbstverständlich können auch nicht musiktherapeutisch ausgebildete Fachkräfte die unterstützenden Wirkungen von Musik in nicht-musikalischen Zusammenhängen wie der Pflege nutzen. Unter dem Begriff „Music Caregiving“, also musiktherapeutische Pflege, haben einige Untersuchungen den förderlichen Effekt von Musik herausgestellt:

  • Es können problematische Verhaltensweisen in der Demenzpflege reduziert werden.
  • Negative Gefühle und Widerstände der Demenzkranken können verringert werden.
  • Musiktherapeutische Pflege kann individualisiert werden, um den Präferenzen eines einzelnen Bewohners Rechnung zu tragen.
  • Sie trägt zu einer entspannten und reibungslos verlaufenden Pflegesituation bei.
  • Pflegende können – z. B. durch Anleitung eines Musiktherapeuten – in kurzer Zeit einfache Techniken der musiktherapeutischen Pflege erlernen und dann im Alltag selbst erproben und anpassen.

Musiktherapeutische Pflege ist ein kostengünstiger und einfach umzusetzender Ansatz zur Verbesserung der Pflegesituationen im Alltag für Menschen mit Behinderungen und ihre Betreuer. Sie kann in Pflegesituationen wie den morgendlichen Routinen, beim Essen oder beim Personentransport zum Einsatz kommen, etwa in Form von Hintergrundmusik oder gemeinsamem Singen. 

Literatur

  • P, Bernatzky, G. Musik in der Pflege. In Likar R, Bernatzky G, Ilias W, Markert D (Hrsg.) Schmerztherapie in der Pflege. Schulmedizinische und komplementäre Methoden. Wien, New York: Springer 2009, S. 373–385.
  • Moreau D, Wormit AF, Hillecke TF. Musiktherapeutische Techniken. In: Senf W (Hrsg.): Techniken der Psychotherapie. Stuttgart: Thieme 2013, S. 237–244.
  • Tüpker R, Keller B. Musiktherapie mit alten Menschen. In: Decker HH (Hrsg.) Lexikon Musiktherapie. 2. Aufl. Göttingen: Hogrefe 2009, 341–345.
  • Fuchs D. Über den Einsatz von Technologie in musikbasierter Therapie. Musiktherapeutische Umschau 2018;39 (3):254–261.

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Dominik Fuchs
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hochschule Kempten

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