Journal Club UKA- KI in der Pflege

Lisa Fischer M. Sc. and Lena Keppeler M. Sc./ August 23, 2023/ Beruflich Pflegende, Journal Club, Pflegestudierende, Pflegewissenschaft/ 0Kommentare

Der Journal Club im Juli 2023 beschäftigte sich mit dem Thema: „Künstliche Intelligenz in der Pflege“. Im Plenum wurden sowohl die Potenziale als auch die Gefahren diskutiert, die mit dem Einsatz von KI verbunden sein können.

Artikel 1: Das Potenzial von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Pflegeoptimierung: Erkenntnisse aus der nutzergesteuerten Mitentwicklung eines Pflegeintegrationssystems (Schneider-Kamp, 2021)

Der Artikel zeigt, wie KI im Bereich der Dokumentation im Überleitungsmanagement eingesetzt werden kann, um die Effizienz und Qualität der Pflege zu verbessern. Schneider-Kamp geht auf Herausforderungen und Chancen ein, die mit der Implementierung von KI in der Pflege verbunden sind.

Hintergrund 

Das Überleitungsmanagement zwischen Krankenhäusern und Pflegeheimen ist ein komplexer Prozess. Im staatlichen Gesundheitssystem in Dänemark wird dieser Prozess durch ein digitales Versorgungsintegrationssystem unterstützt, das den Austausch von Gesundheitsinformationen zwischen den verschiedenen Settings ermöglicht. KI könnte das Überleitungsmanagement in diesem Bereich optimieren. 

Methode 

Es wurde ein qualitatives Studiendesign gewählt. Durch Interviews, Fokusgruppen und offene Beobachtungen mit Pflegefachpersonen und Sozialarbeiter:innen wurden die Nutzererfahrungen mit dem bestehenden digitalen System und das Potential durch eine Integration von KI erforscht. 

Dies geschah in drei Schritten: Zuerst wurden die Erfahrung mit dem aktuellen Überleitungsprozess analysiert, dann die möglichen Erwartungen an eine Unterstützung durch KI und schließlich wurde ein Prototyp getestet. Für die Analyse wurde eine Kodierung bis zur Datensättigung durchgeführt und anschließend eine Triangulation der Ergebnisse vorgenommen.

Ergebnisse 

Die Studie hat gezeigt, dass Herausforderungen im Überleitungsmanagement im aktuellen digitalen System bestehen. KI kann auf verschiedenen Ebenen unterstützen z. B. bei der Identifikation von Informationen geringer Qualität, bei der gezielten Darstellung von Informationen für unterschiedliche Nutzergruppen oder bei der visuellen Aufbereitung und Zusammenfassung von wichtigen Informationen. 

Diskussion und Fazit 

Die Studie zeigt, dass es wichtig ist die Nutzer von KI in die Entwicklung einzubeziehen (durch ein sogenanntes User-Driven-Co-Development). Dazu müssen technische Expert:innen und Gesundheitswisssenschaftler:innen eng zusammenarbeiten. Weitere Forschung in diesem Bereich ist unbedingt notwendig.

Fazit und Kommentare aus dem Plenum des Journal Clubs: 

KI hat das Potential die Pflegebranche in vielerlei Hinsicht zu unterstützen und zu verbessern. Die Entwicklung und die Implementierung entsprechender Systeme erfordert eine die intensive Zusammenarbeit von Wissenschaftler:innen, als bidirektionales Bindeglied zwischen Praxis und technischer Entwicklung, um die Erwartungen und Bedürfnisse mit den Möglichkeiten in Einklang zu bringen. Allerdings wurden auch kritische Stimmen laut, inwieweit KI vertraut werden kann und wo die Grenzen liegen z. B. inwieweit KIs medizinisch-pflegerische Entscheidungen treffen können. Ebenso wurden Datenschutz und Sicherheitsbedenken geäußert, ethische Fragen im Umgang mit Patient:innendaten und die Notwendigkeit einer angemessenen Schulung und Unterstützung für die Pflegefachpersonen bei der Nutzung von KI-Technologien. 

Schneider-Kamp, A. (2021): The Potential of AI in Care Optimization: Insights from the User-Driven Co-Development of a Care Integration System. In: INQUIRY: The Journal of Health Care Organization, Provision, and Financing, 58. doi: 10.1177/00469580211017992

Artikel 2: Künstliche Intelligenz in der Pflege und im Hebammenwesen: Eine systematische Übersicht (O´Connor et al., 2023)

Diese Übersicht zeigt, in welchen Bereichen KI in der Pflege und im Hebammenwesen bereits eingesetzt wird und wie der aktuelle Forschungsstand dazu ist. Darüber hinaus werden Vorteile, Grenzen und Risiken des Einsatzes von KI diskutiert.

Hintergrund 

Die rasche Entwicklung im Bereich der KI und die zunehmenden Anwendungen dieser Systeme in die pflegerische Praxis und in den Wissenschaftsbereich erfordern eine aktuelle und umfassende Überprüfung der wissenschaftlichen Literatur über die realen Anwendungen von KI in allen Bereichen der Pflege und des Hebammenwesens. 

Methode

O´Connor et al. haben eine systematische Literaturrecherche durchgeführt und sich mit folgenden Forschungsfragen beschäftigt: 

1. Sind Pflegefachpersonen und Hebammen an der Entwicklung, Bereitstellung oder Nutzung von KI im Gesundheitswesen beteiligt und wenn ja, in welchem Umfang?

2. Wie wird KI in den Pflege- und Hebammenberufen in der klinischen Praxis, in der Ausbildung, in der Forschung und in der Politik eingesetzt?

3. Was sind die Vorteile, Grenzen und Risiken von KI in den Pflege- und Hebammenberufen?

Die Suche wurde in den Datenbanken CINAHL, Embase, PubMed und Scopus durchgeführt. Es wurden insgesamt 2076 Artikel gefunden und von mehreren Gutachtern unabhängig voneinander gesichtet. Die Durchführung und Berichterstattung erfolgte auf der Grundlage der sogenannten PRISMA-Checkliste.

Ergebnisse 

Es wurden 140 Artikel zur KI in der Pflege und im Hebammenwesen gefunden. KI wird in vielen Ländern angewendet und hauptsächlich in quantitativen Studien untersucht. Die genannten Berufsgruppen sind nur begrenzt in die Erprobung und Entwicklung von KI einbezogen. In 48,57 % der Studien wurden Pflegefachpersonen und Hebammen nicht in die Entwicklung, Implementierung, Nutzung oder Evaluierung von KI einbezogen, obwohl sie potenzielle zukünftige Nutzer:innen sind. In den meisten Studien wurde KI in der direkten Patientenversorgung eingesetzt (82,14%). Der Einsatz von KI im Management lag bei 15 % und in der Ausbildung bei 2,85 %. Die meisten Studien (87,85 %) berichteten von einem oder mehreren potenziellen Vorteilen, z. B. die Verbesserung der Pflegedokumentation oder die Unterstützung bei der Entscheidungsfindung, z. B. bei der Triage. In 78,57 % der Studien werden jedoch eine oder mehrere Einschränkungen genannt, wie z. B. eine schlechte Qualität der KI-Datensätze, der retrospektive Charakter der Datensätze, der die Fähigkeit zur genauen Vorhersage von Ad-hoc-Ereignissen oder sehr unterschiedlichen zukünftigen Ereignissen einschränken könnte, die zusätzliche Arbeit, die durch die Entwicklung und das Testen der KI für die Pflegefachpersonen entsteht. Mangelnde Transparenz der Algorithmen, mangelnde Kompetenz der Fachpersonen im Umgang mit KI sowie ethische und soziale Risiken.

Diskussion und Fazit 

Die KI steht im Pflege- und Hebammenberuf noch am Anfang, insgesamt bietet KI jedoch vielversprechende Möglichkeiten. Einige Vorteile sind erkennbar, aber noch sehr hypothetisch. Es gibt nur wenige Studien, die ein tatsächliches Nutzen belegen. Das Bewusstsein für KI in den Gesundheitsberufen muss gefördert werden. 

Fazit und Kommentare aus dem Plenum des Journal Clubs: 

Die Studie ist sehr umfangreich. Es wurde kritisiert, dass die verschiedenen Berufsgruppen Pflege und Hebammenwesen in der Studie zusammengefasst behandelt werden. KI ist in vielen Bereichen der Gesundheitsbranche denkbar, u. a. bei der Früherkennung von Veränderungen von Vitalparametern, bei Vorschlägen für mögliche Behandlungspfade oder bei der Erkennung potenzieller Komplikationen. Diskutiert wurde auch die Notwendigkeit weiterer Studien, welche neuen Studien in den nächsten Jahren zu diesem Thema in der Praxis entstehen werden und in welcher Form der Einsatz dort tatsächlich stattfinden kann und vor allem umsetzbar ist.

O’Connor, S., Yan, Y., Thilo, F. J. S., Felzmann, H., Dowding, D., & Lee, J. J. (2023): Artificial intelligence in nursing and midwifery: A systematic review. In: Journal of Clinical Nursing, 32, 2951– 2968. doi: 10.1111/jocn.16478

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Lisa Fischer M. Sc.
Pflegewissenschaftlerin am Universitätsklinikum Augsburg
Lena Keppeler M. Sc.
Pflegewissenschaftlerin am Universitätsklinikum Augsburg

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