Wundauflagen

Kathrin Ebertsch M.A./ März 13, 2023/ Beruflich Pflegende, Pflegestudierende, Pflegetechniken, Wundversorgung/ 0Kommentare

Was sind Wundauflagen?

Nachdem die Wunde gereinigt, beurteilt und klassifiziert wurde und die Behandlung der Grunderkrankung und der Ursachen eingeleitet wurde, ist über die individuelle Wundtherapie zu entscheiden. Die Wahl der richtigen Wundauflage ist hierbei von Bedeutung.

Was sollten die Eigenschaften von modernen Wundauflagen sein?

  • Sie halten die Wunde warm und feucht.
  • Sie schützen die Wunde vor Sekundärinfektionen.
  • Sie verhindern Wärmeverluste.
  • Sie absorbieren überschüssiges Wundexsudat und ggf. Toxine.
  • Sie ermöglichen den Gasaustausch.
  • Sie sollten keinerlei Fasern oder Fremdstoffe an die Wunde abgeben.
  • Sie unterstützen einen atraumatischen Verbandwechsel.
  • Sie sind wirtschaftlich.

Nach was richtet sich die Auswahl der Wundauflagen?

  • Wundstadium
  • Heilungsphase
  • Exsudatmenge und -beschaffenheit
  • Hautzustand
  • Infektionszeichen
  • Schmerzsituation
  • Gerüchen
  • Kontinenzsituation
  • Bedürfnisse des Pflegeempfängers
  • Handhabung der Auflage
  • Wirtschaftliche Versorgung

Wann erfolgt ein Wechsel der Auflagen (Wechselintervall)?

  • Abhängig vom Abheilungszustand der Wunde
  • Abhängig vom richtigen Verhältnis zwischen Exsudation der Wunde und Aufnahmefähigkeit der Wundauflage
  • Orientiert sich an den Herstellerangaben
  • So häufig wie nötig und so selten wie möglich

Welche Wundauflagen gibt es mit welchen Kontraindikationen und Indikationen?

Hydrogele

  • Bestandteile: 95% Wasser gebunden
  • Funktion: Unterstützung des Abbaus von Nekrosen und Fibrinbelägen durch Abgabe von Feuchtigkeit.
  • Je nach Dicke der Beläge sind sie ca. 0,3-0,5cm aufzutragen.
  • Indikationen: Nekrosen, Fibrinbeläge, Verbrennungen bis Grad 2a (stark gerötete Haut, Blasenbildung, starke Schmerzen), zum Feuchthalten trockener bzw. austrocknungsgefährdeter Wunden sowie auf austrocknungsgefährdeten, freiliegenden Gewebestrukturen wie Knochen, Sehnen, Muskulatur
  • Kontraindikationen: bei Nekrosen und Belägen bei unbehandelter pAVK, bei stark blutenden oder exsudierenden Wunden sowie einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen

Hydroaktive Wundauflage zur Nasstherapie

  • Bestandteile: superabsorbierendes Polyacrylat, in Zellulose- und Zellstofffasern eingebettet und mit Ringerlösung aktiviert
  • Funktion: ermöglicht eine kontinuierliche Abgabe von Ringerlösung, wobei Wundexsudat und Abfallstoffe aufgenommen und gebunden werden.
  • Indikationen: zerklüftete Wunden und Wundhöhlen, infizierte Wunden, während der exsudativen Reinigungsphase, zur Wundkonditionierung bei Hauttransplantaten
  • Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen

Alginate

  • Funktion: wirken granulationsfördernd und wundreinigend
  • Erhältlich als Kompressen und Tamponaden
  • Indikationen: mittlere bis starke Wundexsudation, feuchte bzw. schmierige Beläge, unterminierte, zerklüftete, tiefe oder flächige Wunden, wie Fisteln und Abszesse, Tumorchirurgie
  • Kontraindikationen: trockene Wunden/Beläge/Nekrosen, Verbrennungen 3. Grades (Vollständige Zerstörung der Ober- und Lederhaut, trockener, weißer, lederartig harter Wundgrund, keine Schmerzen), Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen

Silberhaltige Wundauflagen

  • Bestandteile: unterschiedlicher Aufbau und Zusammensetzung
  • Funktion: Nutzung der bakteriziden Wirkung des Silbers, das die Keime auf physikalische Weise abtötet
  • Indikationen: infizierte und infektionsgefährdete Wunden
  • Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen, bei einer Silberallergie

Aktivkohleauflagen mit Silber

  • Bestandteile: Vliesstoffumhüllung, in die ein mit elementarem Silber imprägniertes Aktivkohlegewirk eingeschlossen ist
  • Funktion: Bindung von Gerüchen und Toxinen, Hemmung der Funktion der Bakterienenzyme
  • Indikationen: infizierte und infektionsgefährdete oberflächliche und tiefe sowie übel riechende Wunden
  • Kontraindikationen: freiliegende Knochen, Sehnen, Muskulatur, Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen

Hydrophobe Wundauflagen

  • Bestandteile: erhältlich als Tupfer, Kompresse, Gelkompresse, beschichteter Polyurethanschaumverband, Tamponade, Saugkompresse, Vlieskompresse mit Superabsorber, hydroaktive Wundauflage mit hochabsorbierender Hydropolymermatrix für die Aufnahme von Wundexsudat
  • Funktion: Bindung der hydrophoben Bakterien
  • Indikationen: infektgefährdete, kritisch kolonisierte und infizierte Wunden unterschiedlicher Genese
  • Kontraindikationen: keine Anwendung bei bekannter Überempfindlichkeit gegen Propylenglykol, keine Verwendung in Kombination mit Salben und Cremes

Aktivkohlekompressen

  • Bestandteile: Aktivkohleschicht, je nach Produkt ein Ethylen-Methyl-Acrylat-Film, ein Absorptionskissen, ein Wunddistanzgitter aus Acrylfaser, eine Schaumkompresse, Zellulose oder eine Außenschicht aus Vliesstoff
  • Funktion: geruchsbindende, große Saugkapazität, Bindung von Eiweißmolekülen und Bakterien
  • Indikationen: übel riechende Wunden, infizierte Wunden mit unangenehmer Geruchsentwicklung
  • Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt oder seinen Bestandteilen

Vlieskompressen mit Superabsorber

  • Bestandteile: superabsorbierende Wundauflage mit Vliesstoffumhüllung, unterschiedliche Zusammensetzung je nach Produkt
  • Funktion: hohe und schnelle Saugleistung, hält das feuchte Mikroklima aufrecht
  • Indikationen: stark exsudierende Wunden (z.B. exsudierende Verbrennungswunden 2. Grades, Fisteln,…)
  • Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen, Vermeiden von Kontakt mit Schleimhäuten und dem Augenbereich, sowie mit trockenen oder schwach exsudierenden Wunden und tunnelbildenden Wundtaschen

Hydrofaser

  • Bestandteile: Natrium-Carboxymethylcellulose oder Zellulose-Ethylsulfonat-Fasern
  • Funktion: Umwandlung in transparentes Gel, das Wundexsudat in vertikaler Richtung aufnimmt, wodurch die Wundumgebung trocken bleibt.
  • Indikationen: mäßig bis stark exsudierende Wunden, Verbrennungen 2. Grades sowie oberflächliche und tiefe/unterminierte Wunden
  • Kontraindikationen: trockene Wunden/Nekrosen, Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen

Feinporige Polyurethanschaum-/Hydropolymerverbände

  • Bestandteile: feinporige Polyurethanschaumkissen, zum Teil Superabsorber enthalten
  • Funktion: Auskleiden der Wunde, Absorptionsvermögen, ohne Wunde auszutrocknen, Setzen eines Granulationsreizes
  • Indikationen: je nach Schaumeigenschaften stark, mittelstark bis mäßig exsudierende Wunden, zum Auskomponieren von sauberen, granulierenden, tiefen, exsudierenden Wunden und Taschen
  • Kontraindikationen: klinisch infizierte Wunden, Verbrennungen 3. und 4. Grades (Schädigung von tiefen Hautschichten, Muskeln, Sehnen, Knochen, schwarz verkohlte Haut, kein Schmerz), trockene Wunden, Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen

Hydrokolloidverbände

  • Bestandteile: Hydrokolloidauflagen
  • Indikationen: leicht bis mäßig exsudierende Wunden in der Granulations- oder Epithelisierungsphase, primär heilende Wunden
  • Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen, Osteomyelitis, freiliegende Sehnen/Knochen/Muskulatur, klinisch infizierte Wunden, Verbrennungen 3. und 4. Grades, Tumorwunden, tiefe Pilzinfektionen, ischämische Ulzera

Hydrokolloidähnliche Wundauflagen

  • Bestandteile: Hydropolymermatrix, in die superabsorbierende Polyacrylatpartikel eingearbeitet sind, Produkte mit Carboxymethylcellulose und Hydrogeltechnologie
  • Indikationen: schwach bis mäßig exsudierende Wunden
  • Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen, infizierte Wunden, stark exsudierende Wunden

Hydrogelkompressen

  • Bestandteile: semiokklusive Folie mit aufgetragenem Hydrogel, enthalten bis zu 95% gebundenes Wasser
  • Funktion: wirken rehydratisierend bei trockenen Wunden, ermöglichen atraumatischen Verbandwechsel, wirken schmerzlindernd
  • Indikationen: schwach bis mäßig exsudierende Wunden, saubere Schürfwunden, austrocknungsgefährdete Wunden, Unterstützung der Autolyse bei Wunden mit weicheren Belägen, Wunden in der Granulations- und Epithelisierungsphase, Spalthautentnahmestellen
  • Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen; infizierte Wunden; stark exsudierende oder blutende Wunden; Verbrennungen 3. und 4. Grades; tiefe Pilzinfektionen

Semipermeable Transparentfolienverbände

  • Bestandteile: Polyurethanfolie, die durchlässig für Wasserdampf und Sauerstoff ist
  • Funktion: Wasser- und keimdicht, bietet guten Infektionsschutz, als sterile Wundabdeckung und unsteril zum Randfixieren von anderen Wundauflagen
  • Indikationen: trockene, primär heilende Wunden; epithelisierende Wunden, Spalthautentnahmestellen; Einsatz als Fixierung für saugende Wundauflagen zum Schutz gegen Keime; Einsatz als Sekundärabdeckung, z. B. über Hydrogelen in Gelform, Alginaten, als OP-Abdeckmaterial; Einsatz zur okklusiven Anwendung topischer Lokalanästhetika (z. B. Emla-Creme oder ANESDERM); Einsatz als Duschverband, zum Fixieren von Kanülen, i. v.-Kathetern.
  • Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegenüber dem Produkt bzw. seinen Bestandteilen; nekrotische Wunden, unterminierte, tiefe Wunden ohne Wundfüllung, infizierte Wunden, blutende oder stark nässende Wunden sowie Verbrennungen 3. und 4. Grades.

Literatur

Protz, K. & Timm, J. H. (2020): Wundmanagement. In: I care Pflege (S. 666-691). Stuttgart: Thieme.

Stiftung Gesundheitswissen (2021): Richtig Handeln bei Verbrennungen: Vorsicht mit dem Kühlen. Online verfügbar unter: https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/notfall-erste-hilfe/richtig-handeln-bei-verbrennungen-vorsicht-mit-dem-kuehlen (zuletzt geprüft am 15.03.2023).

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